Flucht ist eine globale Realität und hat vielfältige Gründe. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die größte Fluchtbewegung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Zusätzlich beantragen mehr Menschen, vor allem aus Syrien, Afghanistan, Irak, dem Iran und der Türkei, Asyl in Deutschland. Der Krafteinsatz von Bund, Ländern und Kommunen und nicht zuletzt vielen Freiwilligen hat geholfen, die Menschen schnell zu versorgen und unterzubringen. Ihnen allen gilt unser Dank. Wir begrüßen das klare Signal, das auch im Zuge der vergangenen Ministerpräsidenten-konferenz für eine dauerhafte Finanzierung und für Planungssicherheit für die Gemeinden gesetzt wurde. Um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen, müssen politische Maßnahmen sachlich begründet und im Ergebnis wirksam sein. Bei der Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten ist das unserer Bewertung nach nicht der Fall. Durch eine Einstufung von Georgien und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten sinkt die Verfahrensdauer nicht. Im Ergebnis steht keine effektive Entlastung von Kommunen. Stattdessen werden Rechtsschutzmöglichkeiten von Asylsuchenden aus den beiden Ländern empfindlich eingeschränkt. Es gelten weitere Verschärfungen wie Arbeitsverbote, die die Betroffenen wiederum in soziale Sicherungssysteme zwingt.
Weder Georgien noch die Republik Moldau sollten als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden:
In beiden Staaten gibt es Gebiete – Transnistrien in der Republik Moldau und Abchasien und Südossetien in Georgien – über die die Regierungen keinen Einfluss haben und in denen sie Staatsbürger*innen nicht effektiv schützen können. Russland betreibt seit langem jeweils eine Politik der militärischen und wirtschaftlichen Annexion. Südossetien und Abchasien stehen unter der Kontrolle von Separatisten. Auch in Transnistrien sind russische Truppen stationiert. Es kann daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass rückgeführte Personen auf dem ganzen Staatsgebiet sicher sind. In der Republik Moldau leben Rom*nia innerhalb der moldauischen Gesellschaft am untersten Rand und zählen aufgrund ihrer Diskriminierung und Stigmatisierung zu einer sehr vulnerablen Gruppe. Dies kann eine kumulative Verfolgung darstellen.
In Georgien werden Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen (LSBTIQ*) in nahezu allen Bereichen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt. Sie sind der ständigen Gefahr ausgesetzt, Opfer von Anfeindungen, Beleidigungen und gewalttätigen Übergriffen zu werden. Im Juli 2023 wurde etwa die Tiflis Pride erneut Opfer von Gruppen, die LSBTIQ*-Personen ablehnen. Die georgische Regierung und die Polizei haben die Gewalt und die Behinderung des CSD in Tiflis nicht verhindert. Es hat sich somit gezeigt, dass der Staat nicht in der Lage oder willens ist, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Belgien hat Georgien gerade wegen der Gefährdung von LSBTIQ*-Personen kürzlich von der Liste der sicheren Herkunftsstaaten gestrichen.
Aus den genannten Gründen lehnen wir den vorliegenden Gesetzesentwurf ab.
- Die persönliche Erklärung wurde gemeinsam mit Beate Müller-Gemmeke abgegeben.