Persönliche Erklärung gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags zur Abstimmung über Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Drucksachen 20/9463, 20/9642, 20/10090)
Das Rückführungsverbesserungsgesetz setzt die Forderungen der Ministerpräsidentenkonferenz von Mai und November 2023 um und steht im Kontext einer Debatte um Flucht und Migration, die sich in den vergangenen Monaten fortgesetzt verschärft hat. Ohne Zweifel müssen Kommunen entschlossener entlastet und unterstützt werden. Dieses Gesetz jedoch leistet dazu keinen Beitrag. Stattdessen werden schwerwiegende asyl- und aufenthaltsrechtliche Verschärfungen eingeführt, die auch verfassungsrechtlich kritisch zu bewerten sind.
Im parlamentarischen Verfahren konnten wichtige Erfolge erzielt werden wie die Einführung einer Pflichtbeiordnung von Rechtsanwält*innen bei Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam. Diese Erfolge sind ausdrücklich wertzuschätzen.
Gleichzeitig sieht der Gesetzentwurf eine Reihe von Eingriffen in die Grundrechte von geflüchteten Menschen vor. In Teilen bestehen nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken:
Die Verlängerung der Haftdauer der Abschiebungshaft von 3 auf 6 Monate und die Ausweitung des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf maximal 28 Tage bedeutet einen schweren Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person. Dies kann ich in der Form nicht mittragen. Weiterhin wird es Behörden ermöglicht, im Rahmen einer Abschiebung auch die Räumlichkeiten Dritter, also Personen, gegen die sich die zugrundeliegende Abschiebung gar nicht richtet, zu betreten. Insbesondere für Kinder und traumatisierte Menschen kann das Eindringen der Polizei in ihre geschützten Räume besonders beängstigend sein und sie nachhaltig erschüttern.
Ebenso wird eine Kriminalisierung der Seenotrettung ermöglicht, die mit dem Koalitionsvertrag unvereinbar ist. Es besteht das Risiko der Kriminalisierung im Falle der Rettung Minderjähriger aus Seenot sowie mit Blick auf humanitäre Tätigkeiten bei Einreise auf dem Landweg. Diese Regelungen sind mit der UN-Erklärung für Menschenrechtsverteidiger*innen unvereinbar. Als ehemaliger Seenotretter habe ich gesehen, wie Menschen vor meinen Augen ertrunken sind. Diese Arbeit von vielen Freiwilligen auf den Schiffen und die Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht zu schützen, ist mir ein persönliches Anliegen, das mit nichts zu relativieren ist. Es ist eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen. Die Seenotrettung darf nicht behindert werden.
Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz sind für den Deutschen Bundestag nicht bindend. Auch in Übereinstimmung mit dem Koalitionsvertrag stimme ich diesem Gesetz nicht zu.
Julian Pahlke, MdB